BGH: Die Gewerberaummiete während des Lockdowns

Am 12. Januar 2022 (Az. XII ZR 8/21) hat der XII. Zivilsenat des BGH darüber entschieden, ob ein Mieter von gewerblich genutzten Räumen für die Zeit einer behördlich angeordneten Geschäftsschließung während der Corona-Pandemie zur vollständigen Zahlung der Miete verpflichtet ist.

Fazit: „ Es kommt darauf an!“

Ausgangspunkt der Entscheidung war die einmonatige behördliche Schließung eines Einzelhandelsgeschäfts auf Grundlage einer Allgemeinverfügung des Landes im Laufe der Corona-Pandemie. Aufgrund des sog. „Lockdowns“ behielt sich die Beklagte die Zahlung des Mietzinses für die gemietete Gewerberäumlichkeit für den in Rede stehenden Monat April vor und berief sich dabei auf eine Störung der Geschäftsgrundlage gemäß § 313 Abs. 1 BGB.

Während das LG in der 1. Instanz die Beklagte zur Zahlung der ausstehenden Miete in voller Höhe verurteilte, hatte das OLG geurteilt, dass die Beklagte nur die Hälfte der Kaltmiete für den fraglichen Zeitraum zu entrichten hätte. Im Wege der Revision hat der BGH das zweitinstanzliche Urteil aufgehoben und die Sache an das OLG zurückverwiesen.

Zu den Gründen:

Zwar handelt es sich bei einem möglichen Anspruch auf Verringerung der Miete nicht um einen Mangel des Mietgegenstandes gemäß § 536 Abs. 1 BGB, da die hoheitliche Schließung aufgrund der Corona-Pandemie nichts mit dem Zustand oder der Lage des Mietobjekts zu tun habe. Indes könnten Mieter die Anpassung der Miete wegen Störung der Geschäftsgrundlage gemäß § 313 Abs. 1 BGB verlangen, so der BGH.

Allerdings betont dieser auch, dass dieser Anspruch nicht pauschal zugestanden werden kann, sondern betont, dass es auf die konkreten Umstände des Einzelfalls ankommt.

Dabei stellt der BGH klar, dass die Vorschrift des Art. 240 § 2 EGBGB der Anwendbarkeit des § 313 Abs. 1 BGB nicht entgegen stünde, da diese Regelung ihrem „eindeutigen Wortlaut“ und ihrem Gesetzeszweck nach allein eine Beschränkung des Kündigungsrechts des Vermieters zum Ziel hat und nichts zur Höhe der geschuldeten Miete aussage. Außerdem wird nach Art. 240 § 7 EGBGB vermutet, dass sich ein Umstand im Sinne des § 313 Abs. 1 BGB, der zur Grundlage des Mietvertrags geworden ist, nach Vertragsschluss schwerwiegend verändert hat, wenn vermietete Grundstücke oder vermietete Räume, die keine Wohnräume sind, infolge staatlicher Maßnahmen zur Bekämpfung der Corona-Pandemie für den Betrieb des Mieters nicht oder nur mit erheblicher Einschränkung verwendbar sind.

Allerdings, so der BGH, müsse dem betroffenen Vertragspartner unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls das Festhalten am unveränderten Vertrag nicht zugemutet werden können. In der Corona-Pandemie habe sich letztlich ein allgemeines Lebensrisiko verwirklicht, das von der mietvertraglichen Risikoverteilung ohne eine entsprechende vertragliche Regelung nicht erfasst wird. Das damit verbundene Risiko kann regelmäßig keiner Vertragspartei allein zugewiesen werden.

Ob indes dem Mieter ein Festhalten an dem unveränderten Vertrag unzumutbar ist, bedürfe einer umfassenden Abwägung, bei der sämtliche Umstände des Einzelfalls und insbesondere der tatsächlichen Nachteile des Mieters unter Anrechnung ggfls. Leistungen des Staates oder z.B. von Versicherungen zu berücksichtigen seien.

Letztlich müsse im Hinblick auf eine mögliche Unzumutbarkeit darauf geachtet werden, welche Maßnahmen der Mieter ergriffen hat oder ergreifen konnte, um die mit der Schließung einhergehenden Verluste zu verringern. Laut BGH müssten allerdings staatliche Unterstützungsmaßnahmen auf Basis eines Darlehens unberücksichtigt bleiben, da diese keine endgültige Kompensation der erlittenen Umsatzeinbußen wären.

Das OLG hat nun zu prüfen, welche konkreten wirtschaftlichen Auswirkungen die Geschäftsschließung in dem streitgegenständlichen Zeitraum für den Mieter hatte und ob diese Nachteile ein Ausmaß erreicht haben, das eine Anpassung des Mietvertrags erforderlich macht.

Fazit:

Soweit so klar! Damit kann in der Praxis eine konkretere Prüfung und Beratung von Vermietern und Mietern erfolgen, um möglichst den Weg zum BGH zu vermeiden.

Hubert Beeck                                                                                                                                     Sarah Kieczewsky

Rechtsanwalt                                                                                                                                     stud. Hilfskraft

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