Datenschutz im Betrieblichen Eingliederungsmanagament

„Sind Beschäftigte innerhalb eines Jahres länger als sechs Wochen ununterbrochen oder wiederholt arbeitsunfähig, klärt der Arbeitgeber mit der zuständigen Interessenvertretung […], mit Zustimmung und Beteiligung der betroffenen Person die Möglichkeiten, wie die Arbeitsunfähigkeit möglichst überwunden werden und mit welchen Leistungen oder Hilfen erneuter Arbeitsunfähigkeit vorgebeugt und der Arbeitsplatz erhalten werden kann“– so die Legaldefinition des betrieblichen Eingliederungsmanagements (kurz: „BEM“) in § 167 II 1 SGB IX.

Das Gesetz gibt dabei zwar die Gesundheitsprävention als wichtigsten Punkt an, allerdings hat nach den Entwicklungen in der Rechtsprechung die Durchführung oder Nichtdurchführung eines BEM vor allem Auswirkungen auf den Kündigungsschutzprozess. Denn durch die gemeinsame Anstrengung aller Beteiligten während des BEM? soll abgewogen werden, wie das Arbeitsverhältnis möglichst dauerhaft gesichert werden kann.

Nicht selten führen Fehler bei der Durchführung des BEM zur Unverhältnismäßigkeit und damit zur Unwirksamkeit der (personenbedingten) Kündigung des Arbeitnehmers.

Fehleranfällig ist insbesondere die Einhaltung der datenschutzrechtlichen Vorgaben – dies umso mehr nach Inkrafttreten der DSGVO im Jahr 2018.2

Im Rahmen des BEM werden personenbezogene Beschäftigtendaten, insbesondere Gesundheitsdaten und somit besondere Kategorien personenbezogener Daten, verarbeitet, weshalb dem Datenschutz eine besonders wichtige Rolle zukommt.

Das Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg musste sich in seiner Entscheidung vom 20.10.2021 (Az.: 4 Sa 70/20) mit der Problematik des Datenschutzes im Zusammenhang mit der Durchführung eines BEM auseinandersetzen.

Ausgangspunkt war der Kündigungsschutzprozess eines Arbeitnehmers, der arbeitgeberseitig krankheitsbedingt ordentlich gekündigt wurde.

Sowohl das ArbG Baden-Württemberg als auch zweitinstanzlich das LAG stimmten darüber überein, dass das Arbeitsverhältnis mangels sozialer Rechtfertigung gemäß § 1 II KSchG nicht durch die Kündigung aufgelöst wurde.

Zwar könne aufgrund der Anzahl an Fehlzeiten der letzten vier Jahre durch Kurzerkrankungen eine negative Gesundheitsprognose gestellt werden. Auch eine unzumutbare wirtschaftliche Belastung des  Arbeitgebers stellte das LAG fest, welche   aufgrund der negativen Prognose auch für die Zukunft nicht ausgeschlossen werden könne.

Allerdings erweise sich die Kündigung im Rahmen der gebotenen Interessenabwägung als  sozial nicht gerechtfertigt, da der Arbeitgeber  trotz Notwendigkeit ein BEM nicht ordnungsgemäß eingeleitet habe.

Laut § 167 II 3 SGB IX muss der Arbeitnehmer auf Art und Umfang der zur Zielerreichung im BEM erhobenen und verwendeten personenbezogenen Daten hingewiesen werden. Dabei hat die Datenverarbeitung datenschutzkonform zu erfolgen. Dies bedeutet insbesondere, dass die im Verfahren verarbeiteten Gesundheitsdaten des Arbeitnehmers ohne seine ausdrückliche Einwilligung nicht an am Verfahren unbeteiligte Dritte offengelegt oder weitergeleitet werden dürfen. Eine Einwilligung zu einer solchen Offenlegung ist datenschutzkonform nur möglich, wenn der Arbeitnehmer ausdrücklich auf die Freiwilligkeit dessen hingewiesen wird. Sofern die Ein­la­dung den fälsch­li­chen Ein­druck ei­ner Da­ten­of­fen­le­gung ge­gen­über unbe­tei­lig­ten Ver­tre­tern erweckt, ist sie for­mell in­kor­rekt.

Das LAG gab in seinem Urteil an, dass unklare Hinweise in der BEM-Einladung zulasten des Arbeitgebers gingen und die verursachte Fehlvorstellung einer ordnungsgemäßen Einleitung eines BEM entgegenstünden. In der Konsequenz konnte der klagende Arbeitnehmer aus Datenschutzinteresse unbeschadet von seiner freiwilligen Beteiligung am BEM Abstand nehmen, weshalb die Kündigung wegen der mangelnden Durchführung eines notwendigen BEM sozial nicht gerechtfertigt war.

Sollten Sie Fragen zur (datenschutzrechtlichen) Durchführung eines BEM haben, wenden Sie sich gerne an unsere arbeits- und datenschutzrechtlichen Experten!

 

Jennifer Schild                                       Hubert Beeck                               Sarah Kieczewsky

Rechtsanwältin                                      Rechtsanwalt                                cand. iur.

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